Ringmo

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Vom Kang La müssen wir 1600 Höhenmeter zu unserem heutigen
Lager kurz vor dem Poksumdo See absteigen.
Die ersten 300 Höhenmeter legen wir in Rekordzeit zurück.
Durch den feinen Schotter können wir wunderbar den steilen Hang abrutschen.
Danach geht es etwas flacher weiter, bevor eine weitere steile Passage vorbei an
einem Wasserfall uns wieder 200 Höhenmeter nach unten bringt.
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Nach einer längeren Pause erwartet uns am Nachmittag der
spektakuläre Abstieg durch die Schlucht des Gandla Khola. Der Fluss stürzt durch
ein schmales Tal nach unten und für den Weg ist nicht mehr so viel Platz.
Besonders durch den reichlichen Regen der letzten Tage ist der ansonsten kleine
Fluss stark angestiegen.
Immer wieder müssen wir die Flussseite wechseln. Da es hier
oben keine Brücken gibt, wird das Ganze zu einer sehr nassen Angelegenheit. Wir
ziehen die Schuhe und teilweise die Hosen aus und suchen uns einen Übergang
durch die oft reißenden Fluten. Im engsten Teil der Schlucht lohnt es sich fast
nicht, die Bergschuhe wieder anzuziehen, weil alle paar Meter der Fluss erneut
überquert werden muss. Ein Versuch, die Teleskopstöcke als Stütze zu nutzen,
erweist sich als Flop. Das Wasser schlägt einem die Stöcke förmlich aus der
Hand. Trotz des gigantischen Tals, sind wir froh, als wir die enge Schlucht
verlassen und ins Tal des Poksumdo Khola gelangen.
Aber auch hier zeigt sich die Folge der starken Regenfälle. Ein Grossteil des
Tals steht förmlich unter Wasser. Oft müssen wir über extra ausgelegte
Baumstämme und schmale Steinplatten balancieren, um enge Wegstrecken zu
passieren. Kurz vor dem Poksumdo See wechseln wir noch einmal die Flussseite.
Zum Glück gibt es hier eine Brücke. Wir hätten ansonsten keine Chance gehabt auf
die andere Seite zu gelangen, weil die Strömung viel zu stark ist.
Auf der rechten Wegseite tauchen plötzlich große
Hängergletscher des Kanjelanuwa Bergmassivs auf. Ab und zu rumst es auch mal
etwas, wenn ein Eisblock abbricht. Wir sind inzwischen auf einer Höhe von 3700
Höhenmetern angekommen. Der Weg führt nun durch einen Wald und bald haben wir
unser Lager mitten im Wald, direkt am Fluss erreicht. Hier wimmelt es nur so von
Pilzen und unsere Träger schwärmen alle aus und sammeln. Das Abendessen ist
somit gesichert.
Der nächste Morgen bietet einen wunderschönen Blick aus dem
Zelt auf den Fluss. Heute geht es vorbei am Poksumdo See nach Ringmo.
Wir wandern am Fluss entlang, bis wir nach ca. einer Stund
den Rand des Sees erreichen. Türkisfarben liegt der heilige See vor uns.
Der Poksumdo-See mit einer Ausbreitung von 5 Kilometern
Länge und 2 km Breite gilt als heiliger See, in dem nicht gebadet werden darf.
In dem 600 Meter tiefen See gibt es keinerlei Leben. Insoweit war ich schon
froh, wenigstens am Seeufer Leben in Form einiger Yaks zu finden.
Der Weg nach Ringmo geht hoch am See vorbei. Wir müssen zunächst gut 400
Höhenmeter aufsteigen, erreichen einen kleinen Pass und steigen auf der anderen
Seite wieder zum See ab. Mit ansteigender Höhe nehmen die Wolken immer stärker
zu, bis der See schließlich völlig in den Wolken verschwunden ist. Aber die
Wolkendecke reisst zwischendurch immer wieder auf und gibt einen mystischen
Blick auf den See, auf Ringmo und auf die Gompa am anderen Seeufer frei.
Das letzte Stück des Weges führt durch einen steilen Felshang bis nach Ringmo
(3600 Meter).
Ganz spektakulär ist der Weg ca. 20-30 Meter oberhalb des Sees angelegt. Wer den
Film „Himalaya“ von Eric Valli gesehen hat, kennt die Passage. Dort wurde die
Szene mit dem abstürzenden Yak gedreht.
Etwas oberhalb des Sees, direkt vor dem
Ortseingang von Ringmo, schlagen wir unsere Zelte auf. Wir haben heute richtig
Zeit, da wir bereits am späten Vormittag in Ringmo ankommen. Nachdem wir
in den letzten beiden Tagen viel an Höhe verloren haben, meldet sich auch der
zwischenzeitlich verloren gegangene Appetit zurück. Es gibt deshalb ein
ausgiebiges Mittagessen.
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Anschließend machen wir einen Spaziergang durch Ringmo. An
jeder Ecke werden wir von Frauen angesprochen, die uns große gewebte
Stofftücher zum Kauf anbieten. Eine Frau hat sich schon voll und ganz auf
Touristen eingestellt und in ein Tuch, den Schriftzug „Make in Poksumdo“
eingewebt. Wir sind schon etwas erstaunt als wir das sehen.
Besonders fällt uns die ortstypische Bauweise der Häuser
auf. Im unteren Teil zu ebener Erde befindet sich ein Stall, ein Laden oder eine
Art Werkstatt, im oberen Bereich befindet sich der eigentliche Wohnbereich und
eine Art bepflanzte Dachterrasse.
Auch in Ringmo sind es in erster Linie die Kinder, die aus
allen Ecken zusammenkommen und uns neugierig beobachten. Männer sind hier
ebenfalls kaum anzutreffen. Nur die Frauen sind mit ihren Webstühlen im ganzen
Ort zu finden.
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Nach unserer Ortsbesichtigung wollen wir uns noch die
Bön-Gompa ansehen, die ca. 20 Minuten abseits des Ortes, etwas oberhalb des
Seeufers liegt. Von weitem sieht der Klosterkomplex sehr imposant aus. Aber als
wir die Gompa erreichen, sieht man, dass viele Räume renovierungsbedürftig sind.
Es wird jedoch fleißig gearbeitet und in einigen Jahren macht der Komplex
sicherlich wieder einen besseren Eindruck. Ein Lama schließt uns zwei der
insgesamt 9 Gebetsräume auf. Wie bereits in der Bön-Gompa in Dho lässt sich auch
hier für uns kaum ein Unterschied zwischen einer buddhistischen und einer
Bön-Gompa ausmachen.
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Der Abschluss des Tages ist leider nicht so erfreulich. Wir
erhalten Besuch von einem jungen Mann, der mit zwei Kinder bei uns um
medizinische Hilfe bittet. Der junge Mann gibt sich als Lehrer zu erkennen und
spricht ein gutes Englisch, so dass die Verständigung kein Problem ist. Die
beiden Jungen haben schlimme bakterielle Entzündungen im Ohrbereich. Die
teilweise großflächigen, bereits aufgekratzten Ekzeme sehen nicht gut aus. Zum
Glück sind wir gut mit Medikamenten ausgerüstet. Ohrentropfen, Antibiotika,
Wundsalbe und Mullpäckchen können wir nun gut gebrauchen. Da die Behandlung über
mehrere Tage erfolgt, zeigen wir dem Lehrer an einem Jungen, was und wie er die
Behandlung durchführen muss. Danach macht er unter unserer Aufsicht das Gleiche
bei dem zweiten Jungen. Er erhält von uns die Medikamente für die nächste Zeit
und den Hinweis, bitte unbedingt auf die Hygiene zu achten und die verbrauchten
Mullpäckchen zu verbrennen, damit sich nicht andere Personen daran infizieren.
Wie bereits auf anderen Himalayatouren erfahren, hat sich
auch in den letzten Wochen immer wieder gezeigt, dass gerade die medizinische
Versorgung in diesem abgelegenen Teil der Welt so gut wie nicht vorhanden ist.
Kleinigkeiten, die für uns nicht der Rede wert sind, können hier zum Tod führen.
Wir sind froh, dass wir hier einen kleinen Hilfebeitrag
leisten konnten. Wer weiss, was sonst mit den beiden Jungen passiert wäre.

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